Beschreibung der Fahrradtour 2006: 19. Juni - 29. Juni

Rhein II Darmstadt - Amsterdam

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Platzhalter Komoot-Tourplan

Anreise und Etappe 1: Montag, 19. Juni

„Gestählt“ durch 8 – 10 Spinning-Stunden und etwa 250 km Radtraining quälen sich Stefan und sein „Alter Herr“ am frühen Morgen aus ihren warmen Betten, um sich um 7:15h am Münchner HBF Gleis 12 zum 2. Abschnitt der Rheintour treffen zu können.

Die schwer bepackten Räder werden in einem speziell für Radausflügler konzipierten Zugabteil verladen, so daß wir die ganze Fahrt über von unseren bequemen Sitzen Blickkontakt auf Räder und Gepäck haben. Gut, daß Stefan die Plätze reserviert hat, denn es wimmelt nur so von Fahrrad-Touristen. Pünktlich um 7:39h verlässt der IC 2392 München und wir erreichen Darmstadt um 11:22h.

Wie heißt es auf gut hessisch? Enaus, enuff un wiedder enaus uff de Boahnhofplatz. Nach dem Bunkern von belegten Brötchen in der Bahnhofsbäckerei fahren wir in die Hindenburgstraße, um die durch einen Wasserrohrbruch beschädigte und leer geräumte Wohnung von Oma Gertrud ein letztes Mal zum Wechseln der Zug- bzw. Fahrradbekleidung zu nutzen. Stadtauswärts ein kurzer Halt an einem Kiosk, um den Wasservorrat zu sichern und dann geht es in Richtung Rhein über Groß-Gerau, die Fähre am Kornsand und Nierstein nach Mainz. Der Sommertag macht in puncto Hitze seinem Namen alle Ehre und im Hotel Austria in der Mainzer Kaiserstraße ist erst einmal ein Weißbier fällig.

Abends treffen wir uns mit Geo, Brigitte und Joachim in der Weinstube Wilhelmi in der Mainzer Altstadt und lassen den Tag in fröhlicher Runde bei Bratkartoffeln, Roastbeef, Spundekäs’ und einigen gespritzten Riesling ausklingen.

Statistik
Gefahren 57 km
Fahrtzeit 3h 42’
Durchschnitt 15,3 km/h

Etappe 2: Dienstag, 20. Juni

Der Himmel ist teils sonnig, teils bedeckt und es ist nicht so schwül wie gestern. Das macht den Start um 8:20h etwas leichter und es läuft heute auch bedeutend besser. Der Fahrtwind kühlt uns auf eine angenehme „Betriebstemperatur“ herunter.

Die Etappenführung lautet heute: Mainz (leider durch Industriegebiete und am Zollhafengelände vorbei) – Budenheim – Ingelheim – Bingen. Gegenüber zeigt sich der Rheingau von seiner besten Seite. Wir passieren die Nahemündung und fahren Schrebergärten entlang, erblicken bei Bingerbrück auf einer kleinen Felsinsel den Mäuseturm, fahren an zahlreichen Obstgärten entlang über Trechtingshausen, Niederheimbach und durch die malerischen Gassen der viel besungenen Weinstadt Bacharach, bewundern die Burgen Hohneck, Stahleck, Gutenfels und die ebenfalls auf einer Insel gelegene Pfalz bei Kaub, radeln vorbei an Oberwesel bis nach St. Goar. Die Kulisse ist einfach prächtig: Burg Katz, Burg Maus, die sagenumwobene Loreley, ein 193 m hoher Schieferfelsen, und die auf dem Rhein vorbeifahrenden Frachtkähne und „Musikdampfer“.

Kurz nach St. Goar erreichen wir den kleinen Weiler Fellen, in dem wir im Hotel Landsknecht bei einer früheren Weinkönigin Zimmer gebucht haben. Das Hotel ist ganz nett und günstig gelegen. Leider stellt sich in später Nacht heraus, daß sich Vater Rhein als prächtiger Schallträger der gegenüberliegenden Eisenbahn erweist. Trotz der heißen Nacht halten wir das Fenster geschlossen. Die Dusche ist nicht nur wegen der Hitze segensreich, denn auf merkwürdige Weise sind durch die Fahrt unsere Unterschenkel stark mit Sand paniert.

Statistik
Gefahren 68 km
Fahrtzeit 4h 35’
Durchschnitt 16,6 km/h

Bald nach unserem Großreinemachen treffen auch Joachim und Werner per Auto ein, die ebenfalls im Hotel gebucht haben. Wir fahren mit einem Taxi in „Hermi’s Garten“, einer Kneipe mit Großbildschirm und erfreuen uns bei Bockwurst und Pils am 3:0 Fußballergebnis Deutschland gegen Ecuador.

Das eigentliche Abendessen haben wir auf Burg Rheinfels hoch über St. Goar reserviert (€ 60.-).

  • Salat von Erdbeeren mit Spargel und Zitronenmelisse
  • Klare Fischsuppe mit Safran und Ingwer
  • Jakobsmuschel auf Zitronengrasspieß u. glacierte Zuckerschoten
  • Sorbet von exotischen Früchten
  • Lammnuß an Thymiansauce, Paprika-Basilikumgemüse, Schupfnudeln
  • Karamellisierter Rhabarber
  • Kaffee und Feingebäck

Dazu
- 2004er Bacharach Riesling Kabinett trocken
- 2002er Assmannshäuser Frankenthal Spätburgunder Spätlese trocken
- 2004 Assmannshäuser Höllenberg
- Schnäpse von Quitte und Eberesche

Etappe 3: Mittwoch, 21. Juni

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Joachim und Werner auf der sonnigen Hotelterrasse starten wir unter heftigem Schwenken der Bundesfahne um 8:50h. Die Etappe führt uns dicht am Rhein entlang:

Bad Salzig – Boppard, entlang der Rheingoldstraße bis Spay. Hier steht ein Stein, der die halbe Wegstrecke Basel – Rotterdam markiert. Wir durchfahren Rhens, kommen an der gegenüberliegenden Lahnmündung vorbei – Koblenz (Festung Ehrenbreitstein, Deutsches Eck, Moselmündung) – Weißenthurn – Andernach

Das Wetter ist zwar sonnig, aber auch etwas windig. Am Konrad-Adenauer-Ufer haben wir viel Gegenverkehr und es herrscht ein wahnsinniger Betrieb mit Autos und Reisebussen am Deutschen Eck, wo auch die Mündungsspitze der Mosel zu finden ist. Hier grüßt Kaiser Wilhelm vom Sockel. Wir grüßen zurück, entfliehen auf unseren Rädern, überqueren die Mosel und fahren durch blumengeschmückte Dörfer voll alter Fachwerkhäuser in Richtung Tagesziel. Der Stadtrand von Andernach zeigt sich nicht von seiner romantischen Seite. Industriegelände, endlose Güterzüge, Rangierverkehr und Baustellen wechseln sich ab. Obwohl die Wege gut beschildert sind, erheben sich manchmal Zweifel, ob wir richtig liegen. Trotz der meist geteerten Radwege, stellen sich Rückenschmerzen ein. Dies gilt auch für den verlängerten Teil des Rückens. Deshalb kommt das Hotel Fischer in der Innenstadt mit seiner gemütlichen Ausstattung und seinem Restaurant besonders positiv an. Wir lassen uns am Abend auf der kleinen Terrasse vor dem Hotel nieder und genießen: - Aufgeschlagene Porree Creme mit Flusskrebsen
- Geschmorte Kalbsbacke unter Tomatenkruste auf Spitzkohl und Serviettenknödel
- Big Mac von dreierlei Sorbets und frischen Früchten
begleitet von mehreren Weißweinschorle

Statistik
Gefahren 62 km
Fahrtzeit 3h 43’
Durchschnitt 16,5 km/h

In einer Tapas Kneipe sehen wir uns das Spiel Portugal gegen Mexiko an. Später auf dem Zimmer fallen uns beim Spiel Niederlande gegen Argentinien die Augen zu. Das ist das langweiligste Spiel bis jetzt überhaupt.

Etappe 4: Donnerstag, 22. Juni

Wir machen uns bestens ausgeruht bereits um 7:40h auf die Socken – oder besser: auf die Pedalen. Heute haben wir eine größere Strecke vor uns:

Bad Breisig – Sinzig (Ahrmündung) – Remagen – Rolandsbogen – Bad Godesberg – Bonn – Wesseling – Rodenkirchen - Köln

Eine kühle Brise erfrischt uns während wir mehrere Hafengebiete umfahren. Wir genießen eine kurze Pause an der berühmten Brücke von Remagen, von der nur noch die ehemaligen Brückentürme düster aus dem Ufer herausragen. Leider ist das dazugehörige Friedensmuseum geschlossen. Mit Bad Godesberg und seinen wunderschönen alten Villen in Baum bewachsenen Parks direkt am Strom gelegen verlassen wir endgültig den „romantischen“ Mittelrhein und erreichen Bonn. Das Siebengebirgspanorama entfaltet sich in voller Pracht.

Von rechts grüßt die Drachenburg.

In Bonn verbringen wir über eine Stunde im Haus für deutsche Geschichte, das besonders viele Jugenderinnerungen in Rolf weckt.

Gestärkt durch eine Currywurst auf dem Markt vor dem Bonner Rathaus mit seiner wirkungsvollen Fassade, das wiederholt Schauplatz historisch-politischer Großereignisse war, kämpfen wir uns auf miserablen Radwegen durch Industriegebiete und entlang einer stark befahrenen Schnellstraße von Wesseling bis zum Stadtrand von Köln. Dann wird es wieder gemütlicher. Waldwege und ein Radweg am Rhein wechseln sich ab. Wir entspannen bei einem Kaffee auf dem zu einem Café umfunktionierten Rheindampfer „Alte Liebe“ und steuern dann unser Hotel in der Altstadt von Köln an.

Gefahren 87 km Fahrtzeit 5h 10’ Durchschnitt 16,8 km/h

Aufgrund der vergangenen Schlemmertage gestalten wir das Abendessen im Brauereiausschank der Gebr. Päffgen in der Friesenstraße etwas schlichter. Halwe Hahn (Hering mit Gurke), Kölsche Kaviar (Blutwurst) und Tatarbrot werden mit 12 Kölsch runtergespült. Ein Bummel zum Dom und zur Fanmeile runden den Tag ab.

Etappe 5: Freitag, 23. Juni

Wir schlafen bis 7:30h. Den Vormittag haben wir der Dombesichtigung und einem Besuch des Schokoladenmuseums der Fa. Imhoff-Stollwerck gewidmet. Auf der Domplatte geht es turbulent zu. Die Fußballweltmeisterschaft hat anscheinend den Touristenstrom verdoppelt. Im Museum ist es etwas ruhiger. Hier wird neben Anbau und Verarbeitung von Rohkakao der Weg der Schokolade in Europa bis zum begehrten Konsumartikel von heute aufgezeigt. Selbstverständlich ist das Probieren der Schoko-Trüffel ein Muß – nicht allein wegen der Naschsucht und des Wohlgeschmacks, sondern hauptsächlich wegen des Energieaufbaus und der Leistungssteigerung für weitere sportliche Heraus-forderungen.

Der Start der heutigen Tagesetappe erfolgt Punkt 12:00h. Man könnte auch sagen, die Kölner läuten die Glocken, weil wir die Stadt verlassen.

Die Richtung lautet:

Worringen – Dormagen – Zons. Hier geht es mit der Fähre über den Fluß und rechtsrheinisch weiter über Benrath – Holthausen nach Düsseldorf.

Köln verabschiedet sich mit prächtigen Villen entlang des Rheins. Später holpern wir wieder durch einige Baustellen, aber größtenteils doch auf guten Wegen bis Benrath. Hier fahren wir in einem Ausflugslokal einen Eisbecher, ein Stück Kuchen und einen großen Espresso ein.

Am späten Nachmittag „erobern“ wir, über die Königsallee kommend. Düsseldorf und machen es uns im Best Western Majestic Hotel bequem.

Alles in allem ein gemütlicher Tag.

Gefahren 57 km Fahrtzeit 3 h 35’ Durchschnitt 15,9 km/h

Von der längsten Theke der Welt (260 Kneipen in der Altstadt) nehmen wir Abstand. Im Nippon Kan, einem hoch gelobten japanischen Restaurant, nehmen wir ein mittelmäßiges Menu mit Altbier und Sake ein. Das war’s!

Etappe 6: Samstag, 24. Juni

Heute haben wir einen kleinen Katastrophentag vor uns. Wir starten um 7:50h. Die Route führt uns aus Düsseldorf über die Rheinbrücke hinaus auf die linke Flußseite über Linn mit seiner Wasserburg, weiter über Uerdingen – Oestrum – Moers – Boerl – Orsey – Rheinberg – Büderich nach Xanten.

Bei Mühlenberg knallt bei Rolfs Rad eine Speiche weg. Kein so herber Verlust. Das Rad bleibt einsatzbereit. Bei Rheinberg zerbricht das rechte Pedal. Jetzt wird es kritisch. Wie gut, dass es erst kurz vor 12:00h ist und der nächste Fahrradhändler gerade noch sein Geschäft geöffnet hat. Schnell sind zwei neue Pedale angeschraubt und fünf Minuten später ist der Fahrradhändler einige Euro reicher und im Wochenende.

Glück gehabt! Das wird jetzt erst einmal bei einem Kaffee und einem Stück Erdbeerkuchen gefeiert.

Danach beginnen die Irrfahrten. Die Wege sind zum Teil sehr schlecht ausgeschildert, Wegweiser sind verbogen und zeigen die falsche Richtung an. Oder ist es doch die richtige Richtung???

Wir fahren merkwürdige Umwege, überraschende Abkürzungen und werden wegen verschiedener Schafherden umgeleitet. Ab Duisburg arbeiten Knie und Beine super, aber die Popos sind in schlechtem Zustand. Wir sind froh, als wir um 14:50h im sonnigen, aber verschlafenen Xanten einlaufen.

Das Hotel ist mehr als putzig. Wir haben das einzige Zimmer mit Toilette, die wir aber aus Platzgründen (entweder sind wir zu groß, oder das Bad zu winzig) nur mit runter gezogenen Beinkleidern rückwärts betreten können. Wahrscheinlich hat hier früher Zwerg Alberich aus der Siegfried-Sage gewohnt. Das Schlafzimmer mutiert zum Waschsalon, wie die Bilder beweisen.

Gefahren 86 km Fahrtzeit 4 h 51’ Durchschnitt 17,8 km/h

Frisch geduscht geht es auf die Suche nach einem Großbildschirm. Wir werden fündig bei VIPS, einer knallvollen und lauten Kneipe. Wir schleichen uns in ein Nebenzimmer mit kleinerem Fernseher und erfreuen uns bei Bier, Frikadellen, Nachos und Salsa am Fußballspiel Deutschland gegen Schweden.

Zum Abendessen geht es dann ins „Gothische Haus“. Wir sitzen in einem zauberhaften schattigen Garten, umringt von alten Gemäuern (es fehlt nur die Spray-Inschrift „Siegfried was here“).

Ein gut gekühlter gespritzter Weißwein krönt mit einem exquisiten Menu einen wunderschönen heißen Sommertag: - Zuckerschotencreme mit frischer Minze - Lammkeule, Bohnengemüse in Burgunder geschmort, Rosa´s Kartoffeln - Rhabarber mit Erdbeeren und Vanilleeis

Etappe 7: Sonntag, 25. Juni

Nach einem liebevollen Frühstück entlässt uns die Dame des Hauses um 8:40h nicht ohne uns noch zwei Bananen als Wegzehrung mitzugeben. Zimmer und Frühstück kosten übrigens pro Person € 31,35. Beim Frühstück lernen wir ein holländisches älteres Ehepaar kennen, das per Fahrrad auf dem Weg nach Italien ist. Wir zollen Respekt!

Der Sonntagmorgen ist friedlich in Xanten. Zu friedlich. Denn fünf Minuten nach dem Start landen wir bereits mitten in einer Straßenbaustelle und haben Mühe jemanden zu finden, um eine ordentliche Straße zu erfragen.

Heute fahren wir über Kalkar, wo wir den nie ans Netz gegangenen „Schnellen Brüter“ aus Orientierungsschwierigkeiten von mehreren Seiten besichtigen, Die Hinweisschilder der Via Romana verwirren uns. Weiter geht es über Bedburg Hau und Kleve. Wir lernen heute unfreiwillig viel Natur kennen. Flüssig läuft es erst wieder, als wir zurück zum Rhein finden und auf dem Deich den Fluß stromabwärts entlangfahren. Wir überqueren ohne weiteren Hinweis die holländische Grenze in Millingen aan de Rijn und kommen trotz eines heftigen Gegenverkehrs von Sonntagsradfahrern am späten Nachmittag in unserem Etappenziel Nijmwegen an, wo die Flußspaltung des Rheins beginnt.

Die vielen Sonntagsausflügler bevölkern alle Cafes und Lokale. Ergebnis: Für uns kein Kaffee, kein Kuchen, kein Eis. Der geneigte Leser dieser Zeilen möge nun bitte aus Mitgefühl einmal tief seufzen. Danke!

Ca. 10 km vor Nijmwegen beginnt es kurz zu tröpfeln, hört aber bald auf und wir erreichen wegen der immensen Schwüle mit verschwitzten Klamotten unser Hotel. Das Zimmer ist sehr geräumig und wir haben endlich wieder Platz für unsere Radlerwäsche.

Gefahren 75 km Fahrtzeit 4 h 21’ Durchschnitt 17,2 km/h

Der Junge von der Hotelbar empfiehlt uns zum Abendessen das Restaurant „Humphrey’s“. Ein guter Tipp. Das Restaurant liegt am Hafen und ist stark frequentiert. Dank telefonischer Reservierung gibt es für uns keine Wartezeiten und wir entschließen uns für - Carpaccio mit Pinienkernen, Rucola, Parmesan und Pesto - Nordsee-Seezunge - Dreierlei Sorbets: Zitrone, Cassis und Mango

Dazu gibt es eine Flasche spanischen Chardonnay.

Während des Essens fängt es an zu schütten und wir fahren mit dem Taxi zum Hotel zurück. Beim Oude Genever und zwei kleine Bier sehen wir die erste Halbzeit Niederlande gegen Portugal. Es ist dramatisch. Wir ziehen uns ins Hotelzimmer zurück und sehen den Rest des Spiels im Bett, bis es heißt:
De Slacht van Nürnberg iss vorbij

Etappe 8: Montag, 26. Juni

Die Niederlande im Fußballweltmeisterschaftskater und die Deutschen sind einmal nicht schuld. Das gibt uns Mut die Tour fortzusetzen. Wir starten um 9:00h. Der holländischen Stimmung entsprechend ist der Himmel zum ersten Mal bedeckt und es ist kühl. Das Vlies kommt zum Einsatz. Die Fahrt führt uns auf dem Deich entlang. Zuerst haben wir strammen Gegenwind, dann setzt leichter Sprühregen ein. Wir tauschen das Vlies gegen die Regenjacke und fahren weiter. Leider sind manche Deichwege im wahrsten Sinne des Wortes beschissen, und zwar von Schafen. Den Kot finden wir später an den Schutz-blechen, den Fahrradketten und unseren Unterschenkeln.

Zuerst geht es über Weurtt – Winssen – Deest – Afferden – Druten nach Wamel. Typische kleine Deichhäuser und ausgedehnte Weiden mit einzelnen Baum-gruppen säumen unseren Weg. In Wamel setzen wir mit der Fahrradfähre über den Waal nach Tiel, einer kleinen Stadt, die geprägt ist von mittelalterlichen Befestigungen und gepflegten Wohnhäusern des 17. und 19. Jahrhunderts.

Jetzt eine kleine Stärkung in der Bakerij Schroot mit Koffie, meisterhaft und verführerisch gestalteten, kleinen Törtchen und Blätterteiggebäck mit Fleischfüllung. Wir decken uns mit Stroopwaffels ein und trotz wiedereinsetzenden Sprühregens geht es weiter nach Kellen, über die Brücke des Amsterdam-Rijn-Kanals, die rechte Kanalseite entlang, vorbei an Wijk bij Duurstede, über den Lek bis Houten bis nach Utrecht. Der Nachmittag zieht sich etwas, da das Finden der Straße entlang des Kanals wegen Baustellen nicht einfach ist. Zweimal ist die Straße am Kanal gesperrt und wir müssen eine Umleitung regelrecht suchen. Um 16:15h treffen wir endlich im Hotel ein.

Gefahren 81 km Fahrtzeit 5 h Durchschnitt 16,3 km/h

Nach einem Grolsch vom Faß in einer netten Eckkneipe an der Oudegracht geht es zum Thai „Terang“ unten versteckt am Kanal zu einem thailändischen Menu: - Kleine Vorspeisen - Thai Salat - Chicken Curry, Fisch Curry, Beef Curry, Tofu Gemüse, Reis und Glasnudeln

Nachdem das Grolsch vor dem Abendessen in der Eckkneipe uns nicht geschadet hat, beenden wir auch dort den Abend.

Etappe 9: Dienstag, 27.Juni

Die großen Etappen sind geschafft. Heute haben wir mit 10:00h einen ungewöhnlich späten Start. Nach einem kleinen Frühstück (das Thai-Menu wirkt noch nach) fahren wir an der Veecht entlang über Maarsen nach De Haar. Hier besichtigen wir so weit wie zugänglich ein prächtiges Wasserschloß. Wegen des aufklarenden Wetters entschließen wir uns zu einem leichten Lunch in einem Straßencafé auf dem historischen Marktplatz in Breukelen. Wir genießen die wärmenden Sonnenstrahlen und fahren dann gemütlich über Loenen nach Loosdrecht, wo wir unsere Hotelreservierung haben. Hier gibt es allerdings eine negative Überraschung. An der Rezeption erklärt man uns, daß wegen einer Konferenz das Hotel ausgebucht, unser Zimmer vergeben ist und man uns in einem anderen weiter entfernten Hotel untergebracht habe. Für uns nicht akzeptabel, aber abgewiesen ist abgewiesen.

Dann die rettende Idee! Es beweist sich wieder einmal, daß eine scheinbar schlechte Situation sich oftmals zum Besseren wendet. Ein Anruf im Hotel De Nederlanden in Vreeland und wir bekommen das letzte mit Antiquitäten ausgestattete Doppelzimmer, ähnlich einer Suite, mit einem Fensterplatz im Top Feinschmecker Restaurant. Ein absoluter Haupttreffer!

Gefahren 50 km Fahrzeit 2 h 54 Durchschnitt 17,2 km/h

Nach der üblichen Grundreinigung schwingen wir uns noch einmal auf die Räder und besuchen Tupperware in Loenen. Managing Director Marcel führt uns durch das Büro und zeigt uns die Produktneuheiten. Rolf trifft einige ehemalige Mitarbeiter von früher und Marcel lädt uns zum Abschluß in das kleine Restaurant gegenüber zu Bier und Bitterballen ein. Nach etwa einer Stunde radeln wir ins Hotel zurück, verstauen die Räder im Konferenzraum und sehen uns bei einem Kir das Spiel Brasilien – Ghana an. Dann widmen wir unsere Sinne ganz einem außergewöhnlichen Menu: - Ameuse Guelle - Gaspacho mit Gurkenschaum, Tunfisch mit Pfeffer und Zwiebel, Makrelenröllchen mit schwarzem Olivenöl - Crab Mouse mit Langostino, Gelee mit Tunfisch, Tatar vom Tuna mit Wachtelspiegelei auf grün gefärbtem Rettich - Seebarsch auf Haut auf weißem Spargel mit Calamari Ringen und Frühlingszwiebeln - Hierzu begleitet uns 2004 Chablis Brillant Simon - Oxtail mit Linsen im Kartoffelmantel, Linsen auf Kartoffelcrouton, Artischoke und Zuckererbsen, Bries auf Auberginenmus - Zum Hauptgang genießen wir eine halbe Flasche Gevrey-Champertin 2003Dominique Laurent, Nuit-St. Georges - Ein Traum von unbeschreiblich schön gestalteten Dessertvariationen

(siehe Fotos 80 – 82) Zum Abschluß lassen wir noch je eine Zigarre mit einem Ouden Genever in der Hotelhalle verdampfen.

Etappe 10: Mittwoch, 28. Juni

Es erwartet uns ein wunderschönes Frühstück mit einem überraschend guten Cappuccino.

Heute ist Sonnenschein und die richtige Tourlänge, um unsere diesjährige Fahrt ausklingen zu lassen. Wir fahren von Vreeland zuerst die Angstel, dann die Amstel, zwei kleine malerische Flüsschen, entlang bis mitten hinein nach Amsterdam. Was für ein romantischer und gepflegter Radweg. Vom Feinsten. Wir erleben ein Bilderbuch-Holland. Der Radverkehr in Amsterdam wird stärker und schneller und wir müssen uns ganz auf unseren Weg konzentrieren.

Gefahren 30 km Fahrtzeit 2 h 2’ Durchschnitt 14,8 km/h

Das Hotel America am Leidseplein finden wir schnell. Eingecheckt, geduscht, fein gemacht und ab geht es per pedes ins Van Gogh Museum. Nach einem ausführlichen Spaziergang durch Amsterdam und einer Grachtenfahrt gehen wir zum Abendessen ins Raden Mas in Hotelnähe. Ein Orientierungs-Spaziergang zum Bahnhof, der Fahrkartenkauf, Besichtigung des Bahnsteigs und zwei, drei kleine Bier in netten kleinen Kneipen am Weg lassen den Tag ausklingen.

Besichtigung & Abreise: Donnerstag, 29. Juni

Heute wird lange gepennt. Wir frühstücken um 10:00h gegenüber im NH-Hotel. Ein Premium Cappuccino und ein Croissant. Das genügt. Dann stellen wir uns in die Schlange vor dem Rijksmuseum mit dem Schwerpunkt Rembrandt-Ausstellung. Die Wartezeit dauert etwas, aber wir werden vom Museums-personal mit Schokolade getröstet. Eine nette Geste vom Museum.

Innen erleben wir eine Super Show „Nightwatching“, eine mit tollen Ausleuchtungen versehene Bilderklärung der Nachtwache.

Später führt uns unser Weg durch alle Stockwerke des historischen Rembrandthauses.

Ein kurzer Lunch in einem indonesischen Straßenrestaurant und wir müssen schon wieder ins Hotel zurück, das Gepäck auf die Räder schnallen und ab geht’s zum Bahnhof. Am Flughafen angekommen finden wir Chaos vor. Die Lufthansa-Maschine nach München ist noch nicht gelandet und es ist nach Aussage der LH unsicher, ob der Flug LH 4697 überhaupt stattfindet. Die Ausweichmaschine kann keine Fahrräder an Bord nehmen und wir werden an die KLM verwiesen. Die nimmt uns gerne, allerdings nur gegen Zahlung von Übergepäck und Extra-Verpackung der Räder. Bei Ankunft in München um 20:30h stellen wir fest, daß die LH-Maschine mit etwa 10-minütiger Zeitverschiebung doch geflogen ist.

Naja! No further comment. Wir hatten eine gute und erlebnisreiche Radtour und sind wohlbehalten wieder bei unseren Lieben gelandet.

Gesamtfahrleistung der Tour 660 km


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