Beschreibung der Fahrradtour 2005: 27. Mai - 7. Juni
Werra-Weser-Tour¶

Platzhalter Komoot-Tourplan
Anreise: Freitag, 27. Mai¶
Nach einem geruhsamen Feiertag (Fronleichnam) heißt es heute beizeiten aufzustehen. Rolf holt bereits um 7:30h bei Avis in der Moosacher Straße den bestellten Sprinter ab, der uns samt Räder und Gepäck von München nach Masserberg im Thüringer Wald, unserem Ausgangspunkt der diesjährigen Radtour, bringen soll. Wir sind um 8:30h am Arthur-Kutscher-Platz in Schwabing verabredet. Pünktlich wird das Gepäck verstaut und um 9:00h geht es auf die Autobahn - erst einmal in Richtung Coburg. Wir haben einen sehr heißen Tag erwischt und die 450 km kommen uns ohne Klimaanlage lang vor. Das Mittagessen in der Goldenen Traube in Coburg erscheint uns deshalb als angemessene Belohnung für das frühe Aufstehen und den heißen Tag: Spargelcremesuppe und Ragout von Meeresfrüchten in Bärlauch Crepes.
Ludwig belohnt sich noch schnell selbst und ersteht eine neue Wolfskin-Jacke. Dann geht es weiter nach Masserberg, wo wir im Hotel Rennsteig das Gepäck entladen und die Zimmer belegen. Jetzt müssen wir nur noch das Auto loswerden. Auf Empfehlung eines freundlichen Avis-Mitarbeiters in Coburg steuern wir die Niederlassung in Illmenau an. Wir werden noch einmal überrascht. Avis bringt uns von Illmenau in einer Nobelkarosse zurück ins Hotel. Das war uns ein Trinkgeld von 30,-€ wert.
Stefan und Rolf genießen das Badehaus, eine Schwimmbadanlage mit mehreren Innen- und Außenbecken sowie einem Jet-Stream, der uns flott vorantreibt. Die Anlage liegt in unmittelbarer Nähe des Hotels, so daß wir den Weg dahin im Bademantel zurücklegen können.

Das mitten in der Natur gelegene Hotel — modern, freundlich, hell, absolut ruhig — hat heute für seine Gäste einen Grillabend geplant. Bei Thüringer Bratwürsten, Steaks, Salat und einem „Weismainer Püls Bräu“ (fröhlich, fränkisch, frisch) beschließen wir den Tag.
Etappe 1: Samstag, 28. Mai¶
Es geht los!
7:00h Frühstück
8:00h Abfahrt
Masserberg — Fehrenbach (Quelle) — Eisfeld — Hildburhausen — Kloster Veßra — Themar — Henfstädt — Vachdorf — Meiningen

Heiß, heiß, heiß! Es sind schätzungsweise 32°C.
Zuerst steuern wir die Werra-Quelle an. Die pieselt am Südwesthang des Zeupelsbergs aus einem eisernen Löwenkopf in einen Löschgumpen und stürzt sich dann als Bach von 797 Meter auf 525 Meter runter vom Thüringer Wald. Und wir radbrecherisch nebenher, manchmal 15% Gefälle. Durch den Fahrtwind bietet die erste Etappe, die von der Werra-Quelle über 40 Minuten durch den Wald führt, eine willkommene Abkühlung. Das ist ein Traumstart einer Tour: Eine Bilderbuchfahrt durch das Werratal.

Eine schwache Beurteilung erhält die erste Kuchenstärkung in der Klostermühle, superstark dagegen die zweite Tortenzufuhr im Café Rokoko in Meiningen, das wir um 15:00h erreichen. Die Route hat uns größtenteils direkt an der Werra entlanggeführt. Eine großartige Landschaft. Der Zwischenfall des Tages ist eine Blockade des Hinterrads durch den Abriß der Schutzblechhalterung. Stefans Packtasche ist dadurch leicht beschädigt und das gleich am ersten Tag. Unebene Wege haben ihren Preis.

Unser Weg führt uns an Themar vorbei, wo übrigens 1845 das Tretkurbelrad erfunden wurde.

Die Hotels in Meiningen sind leider schon seit März ausgebucht. Hier hat der „Theaterherzog“ Georg II. sämtliche Größen von Bühne und Konzert engagiert und die Theaterwochen sorgen noch heute für überfüllte Hotels. Uns sind jedoch zwei Ferienwohnungen versprochen. Wiederum Überraschung: es gibt doch zwei Zimmer. Leider nicht im gleichen Hotel. Ludwig bleibt in der Stadt im Schlundhaus (wie sich am nächsten Tag herausstellt: mit heißer Jazz-Musik die halbe Nacht), während Stefan und Rolf sich den Prinzenberg hochquälen und dafür aber in einem netten Appartement in einem Palais, das mehr an ein Forsthaus erinnert, Unterschlupf finden. Dies ist der ehemalige Witwensitz von Helene Freifrau von Heldburg, die 3. Gemahlin des Theaterherzogs.
Ein weiterer Höhepunkt des Tages stellt das Abendessen im Sächsischen Hof dar:
- Curry von Hummer mit Papaya und Jakobsmuscheln
- Gebackene Frühlingsrolle und Riesengarnele
- Feuilletes von Wachtel und Gänseleber, Ratatouille
- Gratinierter Ziegenfrischkäse mit Erdbeeren
- Geeiste Tiramisu und Mango Choco Ravioli
- Dazu ein 2004 Grüner Silvaner von der Saale Unstrut
Stefan und Rolf arbeiten wieder einen Teil der erhöhten, aber lohnenswerten Kalorienzufuhr durch eine Nachtfahrt ins Palais am Prinzenberg ab. Diesmal geht es die Treppen hoch und die Fahrräder Huckepack. Da ist dann doch noch ein Bier zum Abschluß im Garten fällig.

| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 73,1 km |
| Fahrtzeit | 4h 19‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,9 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 42,7 km/h |
Etappe 2: Sonntag, 29. Mai¶
Meiningen — Wasungen — Wernshausen — Breitungen — Bad Salzungen — Schwallungen — Tiefenort — Merkers — Dorndorf — Philippstal — Heringen
Nach 1,5 km bergab treffen Stefan und Rolf Ludwig zum Frühstück im Schlundhaus. Heute ist es etwas später geworden und wir starten um 8:55h. Es ist wieder ein sehr heißer Tag. Der Gegenwind von Norden kommend bringt etwas Abkühlung. Viele Kieswege, Waldpfade und drei heftige Steigungen verlangsamen das Tempo. Trotz „Japs“ und „Keuch“ wird der Monte Brutalo bezwungen. Die kleine Mittagspause im Gasthof Stern in Jottwedee bei einem Salat mit Mayo verursachte etwas später bei einem aus der Truppe einen Beschleunigungseffekt.
Ansonsten brachte der Tag Sonne, Sonne, Sonne!

Wir fahren durch Laub- und Nadelwald ohne kranke Lücken, schmale Alleen von Eichen, Pappeln, Ahorn und Linden. Es riecht nach frisch gemähtem Gras. Mit geübtem Jägerblick identifiziert Ludwig Storch, Milan und Graureiher und überm Wald schreit der Bussard. Im Schatten von Eschen und Weiden trödelt, rauscht, verhält die Werra, treibt und gibt in engen Slalomkurven Sprudel.
Auf der ganzen Route haben wir nicht viele Begegnungen. Feinschotterstrecken wechseln mit rauhen Teilstücken ab, scharfsteinige Feldwege mit ruppigen Forst- und Waldwegen. Asphaltierte und noch dazu proppenvolle Rad- Autobahnen finden wir erst an der Weser.
Wir übernachten in einem einfachen Hotel, dem Thüringer Hof in Heringen am Monte Kali, einer riesigen Abraumhalde Entsprechend einfach war auch das Abendessen bestehend aus Rostbraten und Bratkartoffeln — ein Ausgleich zu dem Ausnahme-Menü des Vortags. Der Abschluß des Tages bestand aus einem Spaziergang zur Werra und einem Eis im Salon Dolomiti.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 75,8 km |
| Fahrtzeit | 4h 43‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,0 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 43,3 km/h |
Etappe 3: Montag, 30. Mai¶
Heringen — Gerstungen — Herleshausen — Hörschel — Eisenach
Zwei schwere Gewitter in der Nacht mit heftigem Regen bringen uns um etwas Schlaf. Dafür kühlt sich die Luft ab und erhöht den Radlerspaß. Unsere freundlichen Wirtsleute stärken uns mit einem rustikalen Frühstück. Dann geht es wieder los: die Werra entlang über schlüpfrige Holzstege, die Sumpf und Schilf überbrücken, und auf vom Regen der Nacht aufgeweichte Waldwege. Bergauf, bergab, durch Pfützen und auf schlammigen Wegen. Außer einer stark verspritzten Lenkertasche sind an diesem Tag keine nennenswerten Schäden zu vermerken. Die Beschwerden hierüber sind allerdings lautstark.

12:15h laufen wir in Eisenach ein. Zielsicher steuern wir drei Stücke Bienenstich im Café Lackner an (lecker). Dort lassen wir uns von zwei Hotelbussen abholen und mit Gepäck und Rädern auf die Wartburg bringen. Wir belegen zwei traumhafte Zimmer mit Blick auf den Burghof und über den Thüringer Wald. Rolf hat Waschtag, während Stefan und Ludwig mit einer Wartburgtour ihr Geschichtswissen über dieses Kulturdenkmal vertiefen. Bewaffnet mit Regenschirmen fahren wir später in das Zentrum von Eisenach und besichtigen das Bach Haus. Hier erhalten wir eine kleine Demonstration über Bach’sche Musik und einige zeitgenössische Instrumente. Allerdings wäre die Vorführung nicht möglich gewesen, hätte Stefan nicht kräftig die Riemen gezogen. Noch schnell eine Bratwurst im Vorübergehen, eine kleine Bevorratung an Würsten für die morgige Brotzeit, eine Tasse Kaffee (weil’s so gut war) im Café Lackner und schon geht’s wieder ‚rauf zur Wartburg.

Gegessen wird in der Landgrafenstube, die feine Spezialitäten der regionalen und modernen Küche bietet:
- Cynar/Eisenacher Pils zum Start
- Sauerampfer Terrine mit Pinienbrot
- Wildschweinkeule, Thür. Kloß, cremiger Spitzkohl
- Ochsenfilet mit gebr. Gnochi, Paprika und Zwiebelkompott
- Frischkäsecreme mit Aprikosen und Pistazieneis/ Joghurt Heidelbeeren
Der Abend findet seinen Ausklang bei Digestif und Zigarre im Kaminzimmer.

| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 38,7 km |
| Fahrtzeit | 2h 22‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,2 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 42,3 km/h |
Etappe 4: Dienstag, 31. Mai¶
Wartburg — Hörschel — Creuzburg — Ebenshausen — Falken — Treffurt — Wanfried — Bad Sooden/Allendorf

Traumhaftes Frühstücksbuffet und Frühstart um 8.10h in ca. 6° Morgenkälte stark bergab auf regenfeuchtem Asphalt. Auf der Thüring’schen Städteroute geht es wieder über aufgeweichte Waldwege und durch reichlich Pfützen zurück zur Werra. Räder sehen aus wie Sau. Wir haben viel Wind, viele Wolken und ab und zu Sonne. Es ist merklich kühler geworden, aber wenigstens haben wir keinen Regen und der Rest der Strecke ist ziemlich eben. Natur vom Schönsten hebt uns schier aus dem Sattel.
Den megaschönen Blick über Feld, Wald und Werra wirft man von der Creuzburger Sandsteinbrücke mit seiner Liboriuskapelle.

Wie wir von Jan Ulrich wissen, möchte der Pedaleur mit zunehmendem Alter immer öfter die Beine und andere Körperteile durchhängen lassen. Also Essenspause. Wir rasten mit den gestern erstanden Würsten und frischen Semmeln vor dem Treffurter Ohrfeigenhaus. 1608 war’s wohl, da hat der Landesfürst dem Amtmann Philipp Play eine geschallert, weil der sich statt des genehmigten bescheidenen Wohnhauses diesen massigen Protzbau hingesetzt hatte. Wir errechnen, daß 3 Mann auf 42 km 1,5 Würste verbrauchen. Das Treibmittel der frischen Semmeln beschleunigt unser Tempo.

Wir erreichen Bad Sooden/Allendorf um 16:00h. Die Bezeichnung „Route der Fachwerkbauten“ macht ihrem Namen alle Ehre. Durch einen Zahlendreher sind die Zimmer im Hotel Werratal nicht reserviert, was allerdings zu keinen Problemen führt. Vor dem Belegen der Zimmer gibt’s erst einmal eine Stärkung im Café Scharf (geflammter Käsekuchen, Waldbeeren an Joghurt).

Den Abend beschließen wir in einem kleinen Bad Soodener Wirtshaus bei Spargelsuppe, Angus Filet und Spargel. In Erwartung der langen Strecke des kommenden Tages verziehen wir uns etwas früher in unsere Gemächer.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 83,7 km |
| Fahrtzeit | 5h 07‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,3 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 40,7 km/h |
Etappe 5: Mittwoch, 1. Juni¶
Bad Sooden/Allendorf — Witzenhausen — Hann. Münden — Bad Karlshafen — Beverungen — Höxter
Ein sehr frischer Morgen. Zuerst noch Proviant in einer Metzgerei bunkern und dann ist um 8:10h Abfahrt. Bis zur Werra-Fulda-Vereinigung durchfahren wir pralle Naturromantik, gesunde Wälder, blumige Auen. So macht das Strampeln richtig Spaß.
In Hann. Münden riskieren wir am Weserstein einen kurzen Blick auf den Zusammenfluss von Werra und Fulda sowie das romantisch altertümliche Stadtbild. Bei einem Bäcker erstehen wir sehr gute Semmeln und einen noch besseren Zuckerkuchen. Ab hier sind die Radwege sehr gut und stark frequentiert. Wir erkennen sehr schnell, wie beliebt der Weser Radweg ist. Wir passieren Bad Karlshafen, die nördlichste Stadt Hessens.

Gegen Ende des Tages macht uns der aufkommende Gegenwind und die eine oder andere Steigung zu schaffen. Das schöne Weserbergland mit seinen sanft geschwungenen Hügeln ist mit dem Auto doch leichter zu bezwingen. Aber die großartige Landschaft entschädigt für die Mühen. In Beverungen — 10 km vor dem Ziel — tanken wir doch noch einmal in einem Café auf, bevor wir um 17:15h trotz guter Sättel mit leichtem Popo-Weh in Höxter ankommen. Zu Risiken und Nebenwirkungen einer Radtour fragen Sie Ihren Arsch oder Ihren Apotheker.
Das Ringhotel Niedersachsen mit seinem Restaurant Huxoristuben baut uns mächtig auf. Der von Ludwig als Aperitif bestellte Pernod stellt sich nach dem ersten Schluck als Wasser mit Zitrone heraus. Ein Fehler des Hotels. Stefan und Rolf sind mit ihrem Königs Pilsner besser d’ran. Dafür ist das Abendessen tadellos:
- Bärlauchsuppe mit Klöschen vom Seeteufel
- Gratinierter Spargel auf Kartoffel-Steinpilzgemüse
- Chicken Curry von Maispoularde mit Pilzen, Gemüse in Ananas Soja Sauce
Ein kurzer Abendspaziergang durch die Altstadt rundet den Tag ab. Unser Hintern hat ein weiches Bett verdient.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 110,6 km |
| Fahrtzeit | 6h 45‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,3 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 40,1 km/h |
Etappe 6: Donnerstag, 2. Juni¶
Höxter — Holzminden — Bodenwerder — Emmern — Hameln
Wir haben beschlossen, heute eine Stunde länger zu schlafen und erst um 7:00h aufzustehen. Der Tag beginnt nicht nur mit einem kräftigen Frühstück, sondern auch mit leichtem Regen. Also Regenkleidung an. Endlich wird Ludwigs Lenkertasche vom Übeltäter selbst handgeputzt. Sühne pur! Kaum sind wir startklar, hört der Regen auf. Also Regenkleidung aus. Dann regnet es wieder. Also Regenkleidung wieder an. Wenigstens sind die Radwege gute Asphaltstraßen und wir haben Rückenwind. Wir passieren Kloster Corvey.

In Bodenwerder werden wir enttäuscht. Das Münchhausen Museum hat über die Mittagszeit geschlossen und wir haben keine Lust zwei Stunden Wartezeit zu vergeuden. Wir nutzen die Zeit für unsere Mittagspause und verzehren den bei einem fahrenden Bäcker erstandenen Kuchen.

Durch das unfreundliche Wetter werden wir zu unbarmherzigen Kilometer- fressern. Ein unbekannter Vordermann (diesmal nicht Rolf) spritzt mit seinem Hinterrad schon wieder Dreck auf Ludwig. Das Radfahren entwickelt sich zum Kampfsport. In Hameln nutzen wir die Zeit zu kleineren Radreparaturen. Ein mit Ratten gekennzeichneter Spazierweg zeigt uns die schönsten Bauten von Hameln wie z.B. das Hochzeitshaus.
Unser Hotel „An der Altstadt“ ist sehr einfach und laut. Der Wirt empfiehlt uns das Restaurant Böhmerwald in der Pfortmühle. Dort steht in der Mitte des Lokals eine Wasserturbine für Stromerzeugung. Unser Appetit hätte uns unser Essen allerdings auch im Dunkeln finden lassen:
- Kartoffelsuppe mit Steinpilzen
- Angus Rumpsteak mit Pfeffersauce und Zwiebeln, Bratkartoffel und Salat
- Dazu ein Barre Bräu aus Lübeck
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 70,0 km |
| Fahrtzeit | 4h 14‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,5 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 28,9 km/h |
Etappe 7: Freitag, 3. Juni¶
Hameln — Hess. Oldendorf — Porta Westfalica — Minden
Heute haben wir ideale Fahrtbedingungen. Wir starten um 8:30h in den Tag mit sommerlicher Radkleidung. Nach 3 km bemerkt Rolf, daß der Gefrierblock noch immer im Eisfach des Hotels liegt. Wir beschließen, ihn dort bis zur nächsten Tour liegen zu lassen. Dann ist es bestimmt auch gut durchgefroren. Rückenwind und Sonne lassen die ersten 30 km wie im Flug vergehen. Ein Cappuccino und ein kleines Eis auf dem Marktplatz in Rintelen krönen den Vormittag. Wir besorgen uns Proviant für die nächste größere Pause und legen nach weiteren 20 km Rast ein.

Laut Karte liegen 4 — 5 schwere Steigungen vor uns und wir treffen die Entscheidung für eine Alternativroute mit nur einer Steigung. Die hat es auch in sich. Endlich überwunden, taucht linker Hand die Porta Westfalica auf. Es sind jetzt noch 10 km bis Minden.

Das Hotel Silke ist ein kleines Haus mit romantisch verwachsenem Garten, absolut ruhig gelegen. Wir werden sehr freundlich empfangen und erfahren, daß heute in Minden auf dem Hauptplatz ein Weinfest stattfindet. Dort im Hotel Victoria genießen wir Nienburger Spargel und ein gutes Glas Juliusspital und Montelcino. Unser Entschluß im Hotel statt auf der Terrasse zu essen stellt sich durch ein plötzliches Gewitter verbunden mit starkem Regenschutt als weise Entscheidung heraus. Der Digestif und die Zigarre in der Hotelbar bilden den krönenden Abschluß des Tages.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 65,6 km |
| Fahrtzeit | 3h 54‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 16,7 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 39,4 km/h |
Etappe 8: Samstag, 4. Juni¶
Minden — Petershagen — Buchholz — Stolzenau — Landsbergen — Nienburg

Nach einem Spitzenfrühstück bei Tante Silke haben wir in buchstäblichem Sinn einen sonnigen Start. Am Vormittag besuchen wir den Mittellandkanal, der die Weser bei Minden überquert - eine beeindruckende Wasserstraßenkreuzung. Leider nimmt die Bewölkung im Laufe des Vormittags zu und ab 13:00h setzt leichter Sprühregen ein. Ein Superrückenwind entschädigt uns für das feuchte Wetter und die Fahrt läuft wie geschmiert. Das führt zur höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit der Tour. Heute schaffen wir es sogar über Rußland hinaus.

Am Nachmittag halten uns einige starke Regenschauer auf Trapp und wir sind froh, als wir um 14:00h im Hotel Zum Kanzler in Nienburg eintreffen.
Ein kurzer Spaziergang durch das Zentrum und die Hauptstraße von Nienburg zeigt uns, daß es hier nicht viel anzuschauen gibt. (Wie Sie sehen, sehen Sie nix!) Gelassen beobachten wir einen starken Regenguß aus einem Eis-Café.
Am Abend bietet die Küche Nienburger Spargel, dem wir auch eifrig zusprechen.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 64,2 km |
| Fahrtzeit | 3h 29‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 18,4 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 29,6 km/h |
Etappe 9: Sonntag, 5. Juni¶
Nienburg — Marklohe — Haßbergen — Schweringen — Hoya — Wienbergen — Verden/Aller
Sonntag! Heute wird bis 7:45h geschlafen. Schlechtes Wetter ist für den ganzen Tag angesagt. Deshalb ist es egal, wann und wo es uns erwischt. Als Tagesetappe sind eh nur 55 km geplant. Wir beschließen, einen faulen Tag zu haben und es gemütlich anzugehen.
Unterwegs ziehen wir unsere Regenkleidung aus und schon beginnt es wieder zu sprühen.
An einer Schleuse schauen wir gemächlich zu, wie ein Lastkahn auf eine andere Ebene abgesenkt wird.

Dunkle Wolken lassen uns in ein Bushaltestellenhäuschen flüchten. Fehlalarm. Weiter geht es bis die nächste dunkle Wolke den Himmel verfinstert. Rein ins Café und ran an den Kuchen. Wieder nix mit Regen! Wenigstens stimmte die Kalorienzufuhr. Also wieder auf die Räder und weiter geht’s. Das nächste Bushäuschen von kleinstem Ausmaß wird von einem anderen Radler aufgegeben. Wir nehmen es schnell in Besitz und schon prasselt es los, was der Himmel hergibt. Der Vorbesitzer des Bushäuschens hat sich gerade 10 Meter entfernt, aber für eine Rückkehr ist es zu spät und zu eng.
Bei leichtem Regen laufen wir dann endlich um 16:00h im Parkhotel Grüner Jäger in Verden an der Aller ein. Durch die Nässe von oben sind auch wir eingelaufen — das gilt besonders für den Magen. Deshalb gönnen wir uns erst einmal auf der Domweih — ein wirklich riesiges Volksfest für den kleinen Ort Verden — eine prachtvolle Bratwurst. Falls der geneigte Leser dieser Zeilen vermuten sollte, daß es sich hier mehr um eine Bratwurtstour als um eine Radtour gehandelt haben sollte , so liegt er der Realität nicht allzu fern.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 57,6 km |
| Fahrtzeit | 3h 43‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 15,5 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 29,9 km/h |
Etappe 10: Montag, 6 Juni¶
Verden/Aller — Achim — Bremen
Letzter Tag!
Affenkalt! Voller Gegenwind! Kein Regen!
Genau das spornt uns an, kräftig in die Pedale zu treten und den Rücken zu krümmen. Wir überholen sehr viele Radler, damit wir das unwirtliche Wetter endlich hinter uns bekommen. Dazwischen gibt es noch in einer Bäckerei eine lohnenswerte Butterkuchenstärkung. Das gibt Saft und Kraft auf die Pedalen. Um 13:00h erreichen wir Bremen und fahren direkt in die Innenstadt. Wir haben Glück und können sofort im Mercure Columbus Hotel einchecken. Die Räder sind erster Klasse direkt an der Rezeption aufgehoben. Rauf aufs Zimmer, frisch gemacht und ab ins Städtchen.

Wir nehmen einen sehr angenehmen Lunch in Grashoffs Bistro, einem sehr renommierten Delikatessengeschäft. Die Inhaberin Frau Schmidt gibt uns einen Restaurant Tip für den Abend: Topaz de l’Orchidee.
Dummerweise nehmen wir noch einen Kuchen im Café Knigge zu uns. Der ist getränkt mit Apricot Brandy, zu mästig, zu süß. Kotz! Übel!
Dafür ist der Tip für den Abend ein Erlebnis. Wir genießen drei phantastische Weine:
- 2004 Chateau Sainte Marie, Entre Deux Mers
- 2004 Chateau de la Colline Semillion Sauvignon
- 2000 Chateau du Cèdre, Pascal Verhaeghe, Cahors
Dazu werden serviert
- Krebsfleischsalat auf Gazpachosauce
- Geschmorte Rinderbacken auf Tomaten-Risotto
- Lammcarree mit Oliven, Paprika, Rosmarin, Röstkartoffeln
Begleitet wird alles von einem ausgesprochen netten Service. Der Digestif und die Zigarre sind für diesen großartigen Abschlußabend ein Muß.
| Statistik | |
|---|---|
| Gefahren | 50,7 km |
| Fahrtzeit | 3h 12‘ |
| Durchschnittsgeschwindigkeit | 15,7 km/h |
| Höchstgeschwindigkeit | 26,9 km/h |
Abreise: Dienstag, 7. Juni¶
Bremen Stadtmitte — Flughafen
Um 9:00h heißt es Frühstück und danach die Zimmer räumen. Wir hinterlassen unser Gepäck in der Obhut der Rezeption und brechen zu einem Bummel in die Innenstadt Bremens auf. Rathaus, den berühmten Roland und hanseatische Bürgerhäuser kennen wir schon vom Vortag. Wir treffen überall auf die Stadtmusikanten und lernen sogar die B-Mannschaft kennen. Neu für uns ist das historische Schnoorviertel. Kleine und kleinste Häuser stehen auf engstem Raum. Verschlungene Gäßchen führen an malerischen Lokalen und Geschäften vorbei.

Uns zieht der Gusto nochmals in Grashoff’s Bistro, übrigens ein Stammlokal Victor von Bülows (Loriot). Frau Schmidts Art im Kundenumgang ist erfrischend direkt und sehr humorvoll. Das Angebot ist wieder hervorragend. Wir entscheiden uns für
- Flußkrebsschwanzsalat
- Schellfisch
- Kalbsbäckchen
Was wäre ein Besuch bei Grashoff ohne einen kleinen Einkauf im angrenzenden Delikatessengeschäft. Die berühmten Marmeladen sind ein ideales Mitbringsel. Ebenso die Bitterschokolade aus dem Hause Hachez.

Zurück ins Hotel, die Räder mit dem Gepäck beladen und dann geht es 6 km über zahllose Baustellen auf verwirrenden Fahrradwegen zum Flughafen.

Eingecheckt, die neuste Tageszeitung in der Lounge und ein pünktlicher Abflug um 17:15h. München hat uns wieder um 18:30h.
Gesamtfahrleistung der Tour 696 km